Der Haushalt, ein Drama in drei Akten

14. April 2025

In der März-Sitzung des Altöttinger Stadtrats stand der Haushalt für dieses Jahr im Zentrum (Der Alt-Neuöttinger Anzeiger berichtete). Wir dokumentieren an dieser Stelle die Haushaltsrede von SPD-Fraktionssprecher Holger Gottschalk:

"Sehr geehrter Herr Bürgermeister, verehrte Stadträte und Mitglieder der Stadtverwaltung, liebe Vertreter der Schulen und Vereine,

nachdem ich im letzten Jahr die Vernunft ins Zentrum meiner Haushaltsrede gestellt habe, wird es in diesem Jahr leider unvernünftig und – ich möchte mich im Vorfeld dafür entschuldigen – hässlich.

Damit man trotz der Hässlichkeit, dieser Rede noch etwas abgewinnen kann, habe ich sie wie ein klassisches Drama in drei Akte gegliedert.

Exposition - Der erste Akt

„Hässlich“ leitet sich von „Hass erregend“ ab und „Hass“ ist laut Duden ein "starkes Gefühl der Ablehnung und Feindseligkeit gegenüber einer Person, Gruppe oder Sache".

Wenn man sich die Welt in letzter Zeit anschaut, scheint es, als ob es mittlerweile normal ist, misanthropisch, neidisch und vor allem hassend zu sein und Hass auf alles und jeden zu haben:

Der Hass auf die Ampelregierung, Hass auf das Wärmepumpengesetz, Hass auf Migranten, auf Veganer, auf die queere Community,

Hass auf Radfahrer, Hass auf Autofahrer, Hass auf die Bahn, Hass auf Windräder,

Hass auf Politikerinnen und Politiker vor allem in den sozialen Medien, Hass auf Rettungskräfte, Feuerwehr und Polizei,

Hass auf lange Wartezeiten an der Supermarktkasse, Hass auf die Bürokratie, Hass auf den Autofahrer vor mir (grundsätzlich), Hass auf den Autofahrer hinter mir, Hass auf die Butterpreise, die Strompreise, die Spritpreise, Hass auf das kalte Wetter, Hass aufs heiße Wetter,

Hass auf die Grundsteuer und die Gewerbesteuer, Hass auf die Kreisumlage, Hass auf Neuötting und Hass auf Burghausen,

und dann gibt’s da noch den amerikanischen Präsidenten, bei dem man sich manchmal fragt: Wen oder was hasst der Typ eigentlich nicht?

Konfrontation - Der zweite Akt

Die Frage, die ich mir in diesem Zusammenhang stelle, ist: Wenn es so viele Dinge gibt, die man hassen kann und soll… ist das zielführend und gewinnbringend? Anscheinend schon ...

Hass, Neid, Populismus und Polarisierung generieren Medienaufmerksamkeit und aktivieren eine breite Wählerbasis.

Und sind wir doch mal ehrlich… irgendwas zum Hassen gibt’s immer ...

Bevor ich mir nämlich Gedanken über eine konstruktive und solidarische problemorientierte Lösung mache, ist’s doch einfacher, einen plakativen Hass-Kommentar rauszuhauen.

Damit generiert man Aufmerksamkeit – oder „Klicks“ in den sozialen Medien – man bekommt auf einmal eine Stimme und aus Hass und seiner kleinen Schwester - „Das wird man doch wohl noch sagen dürfen“ - wird früher oder später eine sogenannte „Meinung“.

Und scheint es nicht so, dass jeder Politiker und jede Partei, deren Agenda auf diese Grundstimmung ausgelegt ist, bei der diesjährigen Bundestagswahl sehr gut damit gefahren ist?

Und…was bedeute das ganze nun für uns als Stadt?

... nächstes Jahr ist Kommunalwahl! Liebe Kolleginnen und Kollegen.

Also: soll ich euch jetzt schon alle hassen oder reicht das auch kurz nach Weihnachten?

Und mit welchen Sprüchen und Slogans werden wir wohl losziehen, um die Wählergunst zu gewinnen?

„Hashtag Holger hasst?“ oder

„Altötting soll hässlicher werden!“

Aufmerksamkeit und Klicks wären mir gewiss.

ABER:

Resolution – Der dritte Akt

Ein kluger Kopf hat einmal gesagt (ich zitiere im Original):

"Returning hate for hate multiplies hate, adding deeper darkness to a night already devoid of stars. Darkness cannot drive out darkness; only light can do that. Hate cannot drive out hate; only love can do that.”

Also: Hass hört nicht durch Hass auf, nur Liebe vermag das ...

Das Zitat stammt von Martin Luther King Jr.

In Zeiten, in denen der politische Ton rauer wird, in denen die Weltpolitik zorniger, egoistischer und „hässlicher“ wird, sollten gerade wir uns daran erinnern, dass Freundschaft und Zusammenarbeit die Möglichkeiten wären, gemeinsam Probleme anzugehen und Lösungen hierfür zu sammeln. (Es muss ja nicht gleich Liebe sein ...)

Nun zum Eigentlichen: Dem Haushalt der Stadt Altötting 2025:

Unsere finanziellen Herausforderungen sind wie ein ungebetener Gast, der sich in unserem Haushalt hartnäckig niedergelassen hat. Er ist schwer zu ignorieren. Und… er wird von Jahr zu Jahr lästiger!

Doch anstatt uns darüber zu beschweren, sollten wir ihn als Ansporn sehen, kluge und nachhaltige Lösungen zu finden. Es ist wichtig, dass wir mit unseren Nachbarn und da meine ich sowohl die Sitznachbarn hier in diesem Haus als auch die Nachbargemeinden Altöttings, zusammenarbeiten.

Denn, wie Henry Ford so treffend sagte: "Zusammenkommen ist ein Beginn, Zusammenbleiben ist ein Fortschritt und Zusammenarbeiten ist Erfolg." Lassen Sie uns also die Freundschaft und Zusammenarbeit in den Mittelpunkt stellen und den ungebetenen Gast gemeinsam in Schach halten.

Es ist leicht, politische Gegner anzugreifen, aber das bringt uns nicht weiter – es ist, als würden wir den ungebetenen Gast einladen, noch länger zu bleiben.

Lasst uns stattdessen auf konstruktive Kritik und Zusammenarbeit setzen.

Lasst uns stark sein und weiterhin gemeinsam, über Parteigrenzen hinweg an einem Strang ziehen.

Lasst uns weiterhin an Solidarität, Zusammenhalt und Gemeinschaft festhalten und somit dem Hass keine Chance geben.

Ich möchte in diesem Zusammenhang die hervorragende Zusammenarbeit mit allen Gremien der Stadt, der Stadtverwaltung, dem Stadtrat sowie den Schulen und Vereinen loben. Es ist diese Zusammenarbeit, die uns hilft, die Herausforderungen der Zukunft zu meistern.

In diesem Sinne freue ich mich auf ein weiteres, letztes Jahr in dieser Zusammensetzung und hoffentlich einem weiteren Jahr der produktiven und freundschaftlichen Zusammenarbeit.

Schließen möchte ich mit einem Zitat von Nelson Mandela:

"Niemand wird mit dem Hass auf andere Menschen aufgrund ihrer Hautfarbe, ihrer Herkunft oder ihrer Religion geboren. Menschen müssen lernen zu hassen, und wenn sie lernen können zu hassen, können sie auch lernen zu lieben, denn Liebe ist dem menschlichen Herzen näher als ihr Gegenteil.“

Vielen Dank für Eure Aufmerksamkeit.

Holger Gottschalk"

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