Auch die drei Vertreter der SPD haben auf der letzten Stadtratssitzung für den insgesamt 46,68 Millionen Euro umfassenden Haushaltsplan für das laufende Jahr 2024 gestimmt.
SPD-Fraktionssprecher Holger Gottschalk (kleines Bild links oben) betonte in seiner ebenso nachdenklichen wie humorvollen Haushaltsrede: „Dieser Haushalt 2024 ist vernünftig aufgestellt.“
Hier dokumentieren wir die Haushaltsrede SPD-Fraktionssprecher Holger Gottschalk:
Sehr geehrter Herr Erster Bürgermeister Antwerpen, werte Damen und Herren des Stadtrats liebe Vertreterinnen und Vertreter der Verwaltung, meine sehr verehrten Damen und Herren,
zu Beginn meiner Haushaltsrede ich mich outen (…nicht das was sie hier denken…): Die Qualifikationen, die man für eine tiefe und fundierte Analyse des städtischen Haushalts gebraucht hätte…Wirtschaft und Recht, Betriebswirtschaftslehre und Volkswirtschaftslehre waren noch nie meine große Leidenschaft (…und werden es vermutlich auch nicht mehr…).
Daher werde ich nicht großartig die Zahlen des vorliegenden Haushalts exzerpieren, analysieren und deduktiveren – das haben meine Redenvorgänger schon erledigt – sondern lege dies im vollen Vertrauen in die Hände unsere Verwaltung und der Kämmerei unter der Leitung von Frau Kreuthner. Herzlichen Dank auch in diesem Jahr für die sorgfältige und detaillierte Erstellung dieses 387-seitigen Haushaltsplanes.
Was allerdings eine meiner großen Leidenschaften ist, ist das „Stellen von Fragen“ - damit habe ich schon in meiner Kindheit nicht nur meine Eltern zur Weißglut gebracht, sondern auch Lehrer. Erzieher und Pfarrer… Oft musste ich mich nach einer unbequemen Frage mit einem „…Das ist halt so…“ zufrieden geben…
Ziemlich frustrierend und ziemlich unbefriedigend…
Vermutlich hat mich dieser Frust in die Fänge der Naturwissenschaften getrieben… Keine Angst, liebe Kolleginnen und Kollegen, es erfolgt jetzt auch keine naturwissenschaftliche Allegorie über das Haushaltsjahr 2024 – das habe ich 2018 schon erledigt.
Auch die KI möchte ich in diesem Jahr nicht bedienen.
Vielmehr möchte ich heute darüber sprechen, ob wir (aus naturphilosophischer Sicht) einen vernünftigen Haushalt 2024 aufgestellt haben. Und zu Lösung dieses Sachverhaltes ziehe ich diesmal statt der KI den berühmtesten deutschen Philosophen zu Rate, nämlich IK – Immanuel Kant, der in diesem Jahr seinen 300ten Geburtstag begeht… Kant fragte sich vermutlich zu seiner Zeit schon:
Kann ein Haushalt vernünftig erstellt werden? – vielleicht in einem ganz anderen Zusammenhang, aber um die Zusammenhänge zwischen Kant und unserem Haushalt kümmere ich mich heute…
Kant sagt nämlich – also zur Vernunft und nicht zum Haushalt: „Die Vernunft sollte die Grundlage jeglichen menschlichen Handelns sein“.
Er forderte damals schon in seinem Werk: „Kritik der praktischen Vernunft“, dass man stets so handeln solle, dass die Grundsätze der Handlung auch allgemeine Gesetze einer Gesellschaft werden können.
Und? …Ist unser diesjähriger Haushalt dahingehend gestaltet?
Haben wir der Gesellschaft (also unseren Bürgerinnen und Bürgern) mit dem heute abzustimmenden Haushalt grundsätzlich ein vernünftiges Gesetz vorgelegt?
Oder müssen wir aufgrund der hohen Schuldenlage, der gesteigerten, aber dringlich nötigen Investitionen, der hohen Personalkosten oder der kräftezehrenden Kreisumlage unseren Bürgern nur unvernünftig mit einem „…Das ist halt so…“ antworten?
Der Versuch einer Antwort unter der Kant’schen Prämisse: Erst einmal ist es eine unsere Pflicht als Stadtratsgremium einen Haushalt zu beschließen. Und um „Pflichten“ geht es größtenteils auch bei Kant…
Stimmen wir nun pflichtgemäß für diesen Haushalt, weil die Verwaltung, der Bürgermeister, der Fraktionssprecher oder wer auch immer uns dazu aufruft oder tun wir dies, weil es unsere eigene moralische Pflicht, die wir selbst uns gesetzt haben, von uns verlangt? Sind wir also fremdbestimmt oder selbstbestimmt?
Wir als Politiker behaupten zwar immer, wir tun dieses oder jenes aufgrund gesellschaftlicher Verpflichtungen… für die Stadt… für die Bürger… also sind wir fremdbestimmt.
Zum anderen sind auch wir 25, die dieses Gremium hier bilden, nur einzelne Individuen die Entscheidungen völlig autonom voneinander treffen sollten… also selbstbestimmt.
Zum Beispiel: „Warum trinke ich in der Stadtratssitzung auf einmal Birnensaft? Warum bin ich in jener Partei und nicht in dieser oder bin ich jetzt für oder gegen Windkraftanlagen?
Fragen über Fragen und darüber immer wieder im Unterbewusstsein eine kleine, nörgelnde Stimme, die uns zutextet: „Bist du jetzt fremdbestimmt oder selbstbestimmt?“ „Reicht es, wenn du heute ruhig sitzen bleibst während der Stadtratssitzung oder solltest du vielleicht mal zucken?“ Oder: „Was labert der Gottschalk da eigentlich, wollte der sich nicht vorher outen…?“
Aber auch hier hilft uns der IK! Immanuel Kant sagt nämlich, (kurz über den Lattenzaun gebrochen): „Setzt deinen Verstand ein, dann wirst du schon das richtige tun!“ kurz und knapp: „Sapere aude“ und weiter … „es gibt Wissen, dass nicht auf Erfahrung beruht, sondern „a priori“ – also auf allgemeinen Prinzipien, Logik und Vernunft basiert“.
Und genau dieses Wissen setzten wir ständig ein…unter anderem hier und heute beim Haushalt für das Jahr 2024… ohne zu wissen, was passieren wird in den nächsten Monaten und ohne empirische Datenlage, die uns auf die Zukunft vorbereitet „a priori“ – quasi.
Ich lege große Hoffnungen darauf, dass wir alle unseren Verstand, also unser apriorisches Wissen eingesetzt haben!
Conclusio: Dieser Haushalt 2024 ist vernünftig aufgestellt.
Dank Immanuel Kants „Kritik der praktischen Vernunft“
Und, weil wir drei halt auch so sind – kritisch, praktisch und vernünftig… stimmt die SPD-Fraktion dem Haushalt 2024 zu!
Ultima nota (Schlussbemerkung):
Lassen sie mich zum Schluss noch sämtlichen Gremien, die Einfluss auf die Haushaltsgestaltung ausgeübt haben, danken.
Allen voran danken wir der Verwaltung, den Schulen und Kindergärten, den Ehrenamtlichen in unseren Vereinen und allen Stadtratskolleginnen und -kollegen, die ebenso kritisch, praktisch und vernünftig mit uns diese alljährliche Pflichtaufgabe angegangen sind.
Mein Dank gilt auch den Vertretern der Presse, die jede Stadtratssitzung objektiv begutachtet und präzise zusammenfassen – Viel Spaß übrigens mit der Zusammenfassung dieser Haushaltsrede…
Zu guter Letzt auch noch einen Dank an Dich, lieber Stephan! Ich weiß, Du hast es manchmal nicht leicht mit uns allen hier…vielleicht weil wir manchmal zu kritisch, kaum praktisch und wenig vernünftig sind…Aber das liegt vermutlich daran, dass wir alle zu sehr selbstbestimmt sind…
So… und ganz am Schluss nun die Kurzzusammenfassung meiner Haushaltsrede: frei nach dem Motto: „IK statt KI“: „Hört nicht auf Fragen zu stellen aber allen voran, habt Mut, den eigenen Verstand zu benutzen!“
Danke fürs Zuhören!
Holger Gottschalk, Fraktionssprecher der SPD-Fraktion im Stadtrat Altötting